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Mir graut vor Hochkultur

Trotz Sommerpause führte mich meine Suche nach geistiger Zerstreuung wieder mal ins Schauspielhaus. Titel des Lustspiels in einem Akt: „Welche Kulturpolitik braucht die Region?“. In den Hauptrollen: Georges Delnon, Direktor des Hauses, Matthias Gering, Cheftexter der BaZ, Ständerätin Anita Fetz, Christoph Eymann, Vorsteher des Erziehungsdepartements und der amtierende Regierungsratspräsident Guy Morat.
Im Publikum: Graumelierte und schütter Behaarte. Wie immer im Theater, wenn nicht gerade mal wieder eine Schulklasse dazu vergewaltigt wird, Fördergelder mit Bildung zu rechtfertigen.
Bereits die einleitenden Worte von Georges machten deutlich: Hier geht’s um Kohle – und nicht um wenig. In mir wuchs der Verdacht: Das hier ist kein Lustspiel, es ist ein Frustspiel. Es geht um die Wurst und deren Verteilung in Scheiben. Der Geistesblitz wird sogleich von Georges auf der Bühne bestätigt: er habe zu wenig und es werde immer weniger. Uns verbindet dasselbe Problem.
Christoph meint achselzuckend, er könne seinen Michael nicht mehr verteilen lassen, als er habe – was irgendwie einleuchtet. Niemand hat gross einen Rat, nur Präsidente Guy weiss, wo das Problem liegt: Die Landschäftler sind’s. Sie kommen hier Kultur schmarotzen und wir Städter müssen es berappen. Er will bescheidene 19 Millionen vom Nachbarn. Der – oh Wunder – macht auf taub.
Die einzige, die wenigstens versucht innovativ zu sein, ist Anita. Es fehle an Strategie und an neuen Konzepten. Jammern bringe nichts, es müssen neuen Modelle für die Finanzierung geprüft werden und zwar dringend. Das findet Christoph nicht lustig, denn er müsst es tun. Und ‚dringend’ scheint schon gar nicht sein Stil zu sein.
Eine Stunde ist um und mir wird klar: Die Frage hier ist nicht „Welche Kulturpolitik braucht die Region?“ die Frage ist „Wer bezahlt die Wurst, die Christoph unter den Armen verteilen lässt?“. 100 Millionen sollen es jährlich sein. 90% davon gehen an Theater und Museen. Die Hochkultur. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen.
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Johannes Sieber beantragt im Oktober 2008 finanzielle Unterstützung für sein Konzept zur Förderung lesbisch-schwuler Kultur in Basel. Für den Kuppler schreibt er einmal im Monat von der Banalität des Alltäglichen und hofft, damit seinen Beitrag zur Verbesserung der Welt getan zu haben.
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www.meinetwegen.ch
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