Zum Inhalt springen

Liebesbrief

Liebe Steffi. Das ist die erste Kolumne, die du unverändert drucken musst. Inklusive der verschrobenen Satzstellungen und inklusive aller Fall- und Rechtschreibefehler, vor denen du deine werte Kuppler-Leserschaft wie sonst üblich verschonst. Das kommt dir bestimmt entgegen, da die Druckerei schon auf deine Druckvorlage wartet, wenn du dieses Manuskript erhältst. Ich bin wie immer zu spät. Aber wie wir wissen: gut Ding will Weile haben. Oder war es Wein?
Nichts ändern sollst du aber nicht nur, weil du keine Zeit dafür hast, sondern weil das keine Kolumne ist, sondern ein Liebesbrief. An dich!
Es ist Nacht, kurz vor Zwei. Ich sitze in der Küche meiner kleinen, verlotterten Bude. Mein Mitbewohner scheint vor ein paar Stunden für Gäste gekocht zu haben. Auf dem Herd stehen Pfannen, daneben stapeln sich die Teller und auf dem Tisch stehen Gläser und etliche Flaschen Wein. Leer. Es stink nach vollen Aschenbechern, doch hier ist es wenigstens einigermaßen warm. Der Herbst kam schneller als der alte Mann, der jeweils die Kohle bringt für den Ofen in meinem Zimmer.
Ich bin eben von der Eröffnung der Kuppelstage-Saison nach Hause gekommen. Wieder mal ist es dir gelungen, mit Naked Raven eine Band in Basel spielen zu lassen, die einen eigentlich so gewöhnlichen Mittwochabend zu einer heiligen Nacht werden lässt. Leicht benommen sitze ich hier am Tisch. So oder ähnlich muss sich ein Buddha nach einer Überdosis Meditation fühlen. Oder ein Messediener, der bei der Messe zu nah beim Weihrauch stand. Was so ein Konzert bewirken kann…
Nur schöne Menschen spielen schöne Musik, denn ihre Musik macht sie schön. Und manchmal, so kommt es mir vor, trifft das auch auf ihre Zuhörer zu. Deine Kuppel jedenfalls war heute randvoll mit schönen Leuten, die mit einem gelösten Lächeln zu den Klängen von Naked Raven wippten. Dafür, meine liebe Steffi, hast du meinen Dank und den deiner vielen Gäste, die heute und an den kommenden Abenden der Kuppelstage ihren Alltag mit heiligen Nächten bereichern.
#
Johannes Sieber liebt Steffi Klär für was sie tut. Für den Kuppler schreibt er einmal im Monat von der Banalität des Alltäglichen und hofft, damit seinen Beitrag zur Verbesserung der Welt getan zu haben.
#
#
www.meinetwegen.ch
#

Published inUncategorized