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Kater her!

Wäre es nicht die Katze der Kinder meines Bruders – ich hätte sie längst durch einen gezielten Wurf mit dem Blumentopf sterben lassen. Doch so? Unser sonst so idyllischer Hinterhof, dessen Ruhe für gewöhnlich nur mal durch einen Streit der Junkies aus dem Claragraben oder den Referaten über Atombomben und andere Tagesthemen vom Balkon links aus Stock vier gestört wird, ist erfüllt von hallendem Gebrüll eben dieser Katze. Sie will Kater und Befruchtung. Jetzt gleich!
Mich erinnert die Szene an die Steinenvorstadt: Ans dortige Balzverhalten, nicht nur das der Weibchen. Regel Nr. 1: Wer am lautesten schreit, fickt als erster. Meine Erfahrung sagt: Ein Irrtum. Ich meide darum diese Strasse nach dem Eindunkeln und am Wochenende wenn möglich auch tagsüber. Sowieso fühle ich mich als Schwuler in meinem sexuellen Frieden gestört, wenn Miauen und Brüllen mit Fortplanzung begründet wird.
Der moderne Mensch – auch wenn nicht schwul – hat Internet und unterschiedliche Profile in mehreren Communities. Hier investiert er Nacht für Nacht via ADSL in den Wert seiner Online-Identität, als wolle er demnächst sein ganzes Ich in die digitalen Sphären übergehen lassen. Die Befriedigung des Sexualtriebes geht heute geplant, organisiert und off-stage von statten und kann, wenn es denn sein muss, komplett geräuschlos vollzogen werden.
Doch wie mache ich einer Katze den Vorteil des digitalen Flirts schmackhaft? Dumm ist die nicht! Ich schlage meinem Nachbarn über die Balkontrennwand vor, eine Flasche meines Kochweins zu trinken, damit er morgen einen Kater habe. Doch der, sonst eher anspruchslos in Sachen Witze, findet heut Nacht gar nichts mehr komisch und schlurft zurück ins Bett. So bleib mir wohl doch nur der Wurf mit dem Blumentopf, denk ich mir. Da verstummt das Brüllen plötzlich…;)

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