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Zorro und ich

Sanz. Andreas Sanz war der Antonio Banderas meiner frühen Jugend. Er war nach dreimal Sitzenbleiben in unsere Klasse gekommen. Spanier oder Portugiese oder etwas aus Richtung war er, hatte schon Haare wie ein Mann, schwarze, auch im Gesicht, während wir noch nicht mal Deo benutzen und dachten, so was sei nur für Schwule.
Sanz rauchte. Viel und Camel Filter. Er hatte ein schwarzes, frisiertes Ciao Piaggo mit Rennauspuff und einer grossen Übersetzungsscheibe, die ihm der hiesige Velo- und Mofahändler im Elsass ‚organisierte’. Damit fuhr er schnell und war nicht zu bremsen. Auch nicht von drei Mann der Dorfpolizei, die ihn nach einer Geschwindigkeitskontrolle in ‚generell 50’ auf der Hauptstrasse zwischen oberer Bata und Bahndamm mit Nagelriemen stoppen wollte.
Das war kurz vor den Sommerferien und Sanz wurde seither als richtiger Krimineller bewundert. Sein schwarzes Mofa sprayte er in der Garage seines Vaters hellgrün und die Felgen chrom, matt. Dann verkaufte es seiner Schwester Maria und ihr wieder ab. So würde er nie gefasst, wusste er von seinem Cousin, was zwar richtig war aber wohl kaum Grund dafür.
Sanz drehte noch andere krumme Dinger, doch was ihn wirklich zum Helden machte: er war der einzige, der schon mit 14 einmal die Woche seine Freundin bumsen durfte. Jeweils mittwochs.
Wer ihm das nicht glaubte, dem bewies er es mit dem Kondom des jeweils letzten Ficks, das er geknotet im Münzfach seines Portemonnaies aus grünblauem Kunstleder mit sich herum trug. Angeblich weil ihn der Vater seiner Freundin umgebracht hätte, hätte dieser jemals ein Kondom bei ihr gefunden.
Sanz fuhr nach der regulären Schulzeit mit seinen Eltern in deren Heimat zurück. Spanien oder Portugal, in die Richtung. Ich bin mir sicher, dass dem so ist. Trotzdem meine ich ihn manchmal zu sehen, den Zorro meiner Jugend – am Barfi seine Runden drehen: Meistens im Fiat, ab und an im Alfa, manchmal schwarz, dann wieder hellgrün, immer auf Alu-Felgen und meist mit BL-Nummer, eingelöst auf Schwester Maria. Und ja: mit geknotetem Kondom im Münzfach.

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