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Bleiben Sie Raucher!

Vor drei Jahren habe ich das Rauchen aufgegeben, verkünde ich jeweils stolz, wenn es darum geht, modern zu sein.
Tatsächlich war es ein wochenlanger Kampf mit dem Verlangen nach diesem Widerstand, der sich mit jedem Zug am Stengel als leichten, angenehmen Druck auf den Lungenflügeln breit macht, nach dem wärmenden Gefühl, das die Raucherseele beruhigt und den Rauchergeist zur Quelle der Inspiration führt.
Rauchen gibt Geborgenheit und erlaubt der hektischen Welt durch eine Pause zu entfliehen. Rauchen erlaubt, Entscheidungen auf später zu verschieben, Rauchen macht das Warten erträglicher und das sich mit Bier Besaufen vollständiger.
Sich des Rauchens zu entwöhnen ist eigentlich ein Gewöhnen an diese zu dünne, zu kalte, teer-, nikotin- und heimatlose Luft um uns. An die Luft, die auch andere atmen und die eben diese anderen so grauenhaft gewöhnlich macht.
Wer erklärt, er habe das Rauchen aufgegeben, hat eigentlich seinen Traum aufgegeben, einmal alles anders und noch mehr besser zu machen – wenn zu Hause ausgezogen und alt genug und so. Wer das Rauchen aufgegeben hat, hat sich mit seiner Mittelmässigkeit abgefunden, und das ist es, was ihn modern macht.
Schade eigentlich, denn einmal ganz abgesehen von der Atemnot, der faltig blassen Haut, den zitternden Händen, dem lästigen Angstgefühl, nicht mehr genug Kippen mit zu haben, dem Beschaffungsstress, dem ständigen für eine gefragt zu werden, dem Suchen nach Feuer, dem Argumente für die Sucht Zusammenklauben, dem nervigen Stock, den sie einem für das rechte Bein gegeben haben, bleibt Rauchen doch irgendwie ein Synonym für Freiheit.
Auch wenn man dafür nach draussen gehen muss.
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Johannes Sieber ist gegen ein gesetzliches Rauchverbot in Bars und Diskotheken. Für den Kuppler schreibt er einmal im Monat von der Banalität des Alltäglichen und hofft, damit seinen Beitrag zur Verbesserung der Welt getan zu haben.
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www.meinetwegen.ch
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Published inUncategorized