Zum Inhalt springen

Ganze Sache!

Halbe Sachen sind nicht mein Ding. Während andere nonstop Plappern, hier und dort und da was anreissen und nirgendswo was fertig bringen, hab ich in meiner frühen Jugend schon gelernt: Wer was werden will im Leben, führt zu Ende, was er beginnt. Es gilt für das Ausessen des Suppentellers genauso wie fürs Verhauen von Klassenkameraden: Ganz oder gar nicht.
Was mir damals als ausgesprochen positive Charaktereigenschaft angerechnet wurde, mir zur Freude meiner Grossmutter in Fleiss und je nach Anzahl Schlägereien meist auch in Betragen die Höchstnote einbrachte, mich Matur, Liz und Doktor im Sollplan zur Vollendung bringen liess, entwickelt sich je länger je schlimmer zu einem wirklich ernsthaften Problem.
So sass ich kürzlich mit einem Freund gemütlich beim Grill und trank Wein. Ein Glas war der Plan, wenn auch ein grosses, denn ich sollte noch fahren – zwar nur mit dem Rad ums Eck, aber nein und grundsätzlich: ein grosses Glas ist eine wirklich gute, vollständige, ordentliche Einheit ganzen Genusses.
Soweit, so gut. Wäre da nicht der Freund gewesen und sein Glas, das die zu Beginn volle Flasche Wein nicht nur zu einer angebrochenen, nein, zu einer genau halb vollen Flasche Wein werden liess – und das ist ja nun just das, was gar nicht geht. Es blieb uns nichts anderes, als die Flasche leer zu machen, um kurz darauf festzustellen, dass wir nun erfolgreich die Kiste mir den – ich glaube mich zu erinnern, es waren 12 Flaschen – angebrochen hatten, die wiederum ein Anfang eines ganzen Weinkellers war.
Wir mussten wirklich viele unserer Freunde aufbieten, um der Lage Herr zu werden. Und als der Keller sich der Leere neigte, war auch schon der neue Tag angebrochen. Doch darüber konnte ich aufgrund der Promillewerte hinwegsehen – und genau da liegt ja das Problem: Alkohol macht halbe Sachen zu Ganzen oder ganz einfach gleichgültig. Für jemanden wie mich, der sich seiner Jugend verpflichtet fühlt, birgt das Gefahren.
#
Johannes Sieber findet Weinkeller leer trinken seither doof und empfiehlt bei einem ganzen Glas zu bleiben. Für den Kuppler schreibt er einmal im Monat von der Banalität des Alltäglichen und hofft, damit seinen Beitrag zur Verbesserung der Welt getan zu haben.
#
 
#
www.meinetwegen.ch
#

Published inUncategorized